Entwicklungsumgebung für verteilte Systeme
Jens Würtenberg
Eine Software-Architektur, die eine einfache Integration der elektronischen Steuergeräte der Zulieferer in die Fahrzeuge der europäischen Automobilhersteller ermöglicht, war das Ziel einer Initiative der EU-Organisation ITEA. Hierzu wurden Prozesse und Software-Werkzeuge entwickelt, die den Entwurf elektronischer Steuergeräte unter den Rahmenbedingungen Kosten, Zeit und Qualität erleichtern.
Die nächste Herausforderung in der Automobiltechnik könnte in der Entwicklung einer Software-Architektur für die „embedded“ Systeme der elektronischen Steuerung von Fahrzeugfunktionen liegen, die von den europäischen Automobil-Herstellern allgemein eingesetzt werden kann. Im Rahmen des „EAST EAA“-Projekts (Embedded Electronic Architecture) der ITEA ( http://www.itea-office.org/ – Information Technology for European Advancement) – einer Institution der EU – wurde unter Beteiligung der führenden europäischen Automobilhersteller, Zulieferer und Forschungsinstitute im Automobilbereich eine entsprechende Architektur entwickelt und am 21. 6. 2004 in München während eines Symposiums vorgestellt.
Eine wesentliche Motivation für die Entwicklung einer gemeinsamen „embedded“ Plattform liegt in den dramatisch ansteigenden Kosten für die Software-Entwicklung. Einer der treibenden Faktoren ist dabei, dass jeder Automobil-Hersteller sein eigenes „Framework“ definiert hat, unter dem Kommunikations- und Software-Schnittstellen entwickelt, Entwicklungs-Werkzeuge integriert und Design-Regeln abgelegt werden. Das Ziel des EAST-EAA-Projektes ist die Entwicklung einer sachgerecht ausgelegten Integrations-Plattform, die über eine offene Systemarchitektur verfügt; damit kann die Interoperabilität von Hard- und Software ermöglicht und auch die Wiederverwendbarkeit der – zumeist verteilten – Hardware für die Informationsverarbeitung sichergestellt werden. Mit einer solchen Plattform ließen sich die Kosten entscheidend senken; diese wäre auch ein Beitrag zur Festigung der führenden Position der europäischen Automobilbauer.
Mit der neuen Software-Architektur wird der Entwurf elektronischer Steuergeräte unter den Rahmenbedingungen der Automobilindustrie unterstützt. Im Rahmen des Projekts wurden die Konzepte und die Software der Integrations-Plattform in allen Bereichen der Automobilentwicklung geprüft: Elektronik in der Fahrgastzelle, im Antriebsstrang, für die Telematik, als Mensch-Maschine-Schnittstelle und am Chassis. Das ITEA-Projekt hatte ein Volumen von 250 Mannjahren und ein Budget von 40 Mio. Euro; beteiligt waren 23 Partner aus vier europäischen Ländern.
Die wesentliche Aufgabenstellung im Rahmen des Projekts bestand darin, eine „Middleware“ und ein Kommunikationskonzept für eine „embedded“ Architektur für den Einsatz lektronischer Steuergeräte im Automobil zu definieren, zu spezifizieren und teilweise auch zu implementieren. Dabei ermöglicht die „Middleware“ der Anwendungsschicht über so genannte APIDienste (Application Programming Interface) die transparenten Interaktionen zwischen den verschiedenen Funktionensblöcken in dem Fahrzeug ( Bild 1 ).
Bild 1.
Mit der„Middleware“ des EAST-EAAProjektes „sehen“ die Anwendungen eine einheitliche Schnittstelle, obwohl die Hardware-Ressourcen auf unterschiedliche Steuergeräte verteilt sein können.
Um der Komplexität zu begegnen, die eine „distributed“-Architektur – also die Verteilung von Funktionen auf verschiedene Steuergeräte, vor allem in der Software-Erstellung, nach sich zieht – haben die Betreiber des EAST-EAA-Projektes eine neue Entwurfs-Methode entwickelt. Diese führt zunächst mehrere Ebenen der Abstraktion ein und kombiniert diese mit „horizontaler Information über das Design“. Hierbei handelt es sich um Ergebnisse aus Simulationen auf verschiedenen Abstraktionsebenen sowie aus der „Verifikation“ (formaler Beweis der Konsistenz zwischen Spezifikation und Implementierung) und der „Validation“ (das Programm liefert mit Testeingaben sinnvolle Ergebnisse). Weiterhin fließen Informationen aus der „vertikalen“ Entwicklungsphase ein, d.h. aus der Verfeinerung des Entwurfs zwischen den verschiedenen Abstraktionsebenen. Zentrales Element ist eine eigens geschaffene Entwicklungsumgebung EAST-EAA-ADL (Architecture Description Language), die den Software-Entwurf in insgesamt sieben Abstraktionsebenen – hier Architekturen genannt – gliedert ( Bild 2 ). Für die Realisierung der Elemente der ADL wurde auf ausgewählte Elemente der Beschreibungssprache UML 2.0 (Unified Modeling Language – http://www.uml.org/ ) zurückgegriffen.
Bild 2.
Die Abstraktionsebenen der EAST-AA-ADL (Architecture Description Language) strukturieren den Entwurfsprozess: Die vier inneren Elemente der Software-Architektur und deren Beziehungen untereinander werden durch die Beschreibung der Eigenschaften im Fahrzeugprojekt und deren anschließende „funktionale Analyse“ festgelegt.
Zu den Zielen des EAST-EAAProjekts gehört, dass nicht nur die Entwicklung künftiger Systeme erleichtert und damit beschleunigt werden soll, sondern dass auch heute bestehende Herausforderungen angegangen werden können. Für die Spezifikation der „Middleware“ wurden daher die Einschränkungen und Anforderungen in den Implementierungen heutiger Systeme analysiert und nach den jeweiligen Entwicklungsbereichen der Automobiltechnik kategorisiert. Daran anschließend fand ein Vergleich mit einer Entwicklung nach der „Top Down“-Vorgehensweise der Referenz-Architektur statt. Für die Überprüfung der Resultate wurden im Labor Test-Systeme für jeden einzelnen Fahrzeugbereich aufgebaut, meist mit Steuereinheiten aus der Serie oder mit Hardware, die im „Rapid Prototyping“-Verfahren erstellt wurden. An einzelnen Schnittpunkten wurden nun Elemente aus neuen Technologien eingeführt, wie z.B. IEEE-1394-Knoten für die Ankopplung telematischer Geräte oder der Einsatz von FlexRay im Chassis-Bereich. Für die „Validierung“ wurden typische Szenarien definiert, z.B. die Neuzuweisung von in Software realisierten Funktionen zu Steuergeräten verschiedener Hersteller. Die EAST-EAA-Projektleitung hält die Ergebnisse des Projektes nicht für die endgültige Lösung der Probleme des Software-Entwurfs für verteilte Systeme im Automobil, sondern sieht darin einen Beitrag, der in dem größerem Rahmen europäischer Projekte zur Elektronifzierung des Automobils steht, wie ARTIST (Advanced Real Time Systems – http://www.artist-embedded.org/ ), AUTOSAR (Automotive Open System Architecture – http://www.autosar.org/ ), Veesa (Vehicle e-safety architecture – http://www.cordis.lu/ ) und EASIS (Electronic Architecture and Systems Engineering for Integrated Safety Systems – http://www.cordis.lu/ )
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